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Was ist das Barrierefreiheits-Stärkungsgesetz und was bedeutet es für Betreiber von Websites?


Veröffentlicht am 06.12.2024 von DomainFactory

Titelmotiv Blogartikel zum Thema: Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz und was bedeutet es für Betreiber von Websites

Barrierefreiheit bedeutet zum Beispiel Rampen und Aufzüge als Alternativen zu Treppen oder akustische Signalgeber an Fußgängerampeln. Aber es bedeutet natürlich viel mehr als das. Um eine diskriminierungsfreie Teilhabe von Menschen mit Einschränkungen und älteren Menschen zu ermöglichen, gilt es nicht nur, Hindernisse in der physischen Welt abzubauen, sondern auch solche in der digitalen Welt. 

Was Barrierefreiheit für Websitebetreiber bedeutet und welche gesetzlichen Anforderungen ab 2025 auf sie zukommen, erfahren Sie in diesem Artikel.

Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz? 

Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) sollen die Teilhabemöglichkeiten aller Menschen – unabhängig von ihren physischen und kognitiven Fähigkeiten – gestärkt werden. Das Gesetz setzt die EU-Richtlinie des European Accessibility Act (EAA) in Deutschland um, daher der vollständige Name: Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen. 

Im Fokus des BFSG stehen die Rechte von Endkunden bzw. Verbrauchern. Daher weist es Hersteller und Dienstleister an, bestimmte Produkte und Dienstleistungen so zu gestalten, dass sie auch für Menschen mit Beeinträchtigung problemlos nutzbar sind. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist ein barrierefreies Internet. Das Gesetz enthält daher auch verbindliche Vorgaben für Websites und Apps.

Ab wann gilt das BFSG? 

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz wurde am 20. Mai 2021 vom Bundestag verabschiedet und zwei Monate später (am 22. Juli) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. In Kraft tritt es nach einer fast vierjährigen Übergangszeit am 28. Juni 2025. 

Wen betrifft das Gesetz?

Das BFSG betrifft privatwirtschaftliche Unternehmen („Wirtschaftsakteure“), die nach dem 28. Juni 2025 bestimmte Produkte oder Dienstleistungen in Verkehr bringen bzw. anbieten. Welche Produkte und Dienstleistungen dies sind, ist in Paragraf 1, Absatz 2 (Produkte) und Absatz 3 (Dienstleistungen) aufgelistet.

Auch Websitebetreiber müssen bis zu diesem Stichtag dafür sorgen, dass bestimmte Webseiten den Anforderungen des BFSG entsprechen.

Laut Paragraf 1, Absatz 3 sind dies alle Websites, über die Verbraucher geschäftliche Transaktionen vornehmen können („Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr“, z. B. Onlineshops oder Anbieter von kostenpflichtigen Dienstleistungen). Aber auch Webseiten zur Kontaktaufnahme, Terminbuchung und anderen Interaktionsmöglichkeiten müssen nach den „Leitlinien zur Anwendung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes“ die gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Als Beispiel nennen die Leitlinien die Internetpräsenz eine Friseurgeschäfts, das Online-Terminbuchungen anbietet. Auch alle Websites von Telekommunikationsdiensten, Personenbeförderungsdienstleistern und Banken unterliegen den gesetzlichen Regelungen.

Wen betrifft es nicht?

Von dem Gesetz nicht betroffen sind dagegen Privatpersonen und private Websites. Ausgenommen sind auch Webpräsenzen, die ausschließlich auf Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen (B2B) zielen, sowie bereitgestellte Webinhalte wie Videos oder Dokumente, die vor dem 28. Juni 2025 produziert bzw. publiziert wurden (solange es sich nicht um Seiten mit interaktiven Inhalten wie z. B. Kontaktformulare handelt).

Auch Dienstleister, die weniger als 10 Personen beschäftigen und deren Jahresumsatz geringer als 2 Millionen Euro ist oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 2 Millionen Euro beläuft (sog. Kleinstunternehmen) sind nicht an das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz gebunden. 

Was droht bei Verstößen gegen das Gesetz?

Websitebetreiber, deren Seiten nicht den Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes entsprechen, können zunächst von der zuständigen Marktüberwachungsbehörde aufgefordert werden, ihre Internetpräsenz nachzubessern. 

Kommen die Betreiber der Website wiederholt den Aufforderungen nicht nach, drohen Konsequenzen wie etwa die Einstellung des elektronischen Geschäftsverkehrs. Zudem gelten vorsätzliche und fahrlässige Verstöße gegen das Gesetz als Ordnungswidrigkeit und können mit Bußgeldern von bis zu 100.000 Euro bestraft werden (§ 37).

Was bedeutet Barrierefreiheit im Web? 

Wo es um barrierefreie Webinhalte geht, orientiert sich das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz weitestgehend an dem internationalen Standard „Richtlinien für barrierefreie Webinhalte“ (WCAG 2.1 / WCAG 2.2), der vom World Wide Web Consortium (W3C) ausgearbeitet wurde. Ausführliche Informationen dazu finden Sie in unserem Beitrag „WCAG-konform dank KI: Accessibility-Testing für mehr Barrierefreiheit“.

Die WCAG betrachten Barrierefreiheit unter den „vier Prinzipien der Barrierefreiheit“: Wahrnehmbarkeit (perceivable), Bedienbarkeit (operable), Verständlichkeit (understandable) und Robustheit (robust). Daraus leiten sich folgende grundsätzliche Anforderungen ab, die eine barrierefreie Website erfüllen muss:

  • Wahrnehmbarkeit: Informationen und Komponenten der Benutzeroberfläche müssen so darstellbar sein, dass alle Benutzer diese wahrnehmen können. Zum Beispiel müssen visuelle Inhalte auch für Sehbehinderte und blinde Menschen über Alternativen wie z. B. einen Screenreader darstellbar sein.
  • Bedienbarkeit: Sämtliche Funktionen der Website sind so zu gestaltet, dass sie auch von Menschen mit Einschränkungen nutzbar sind. Interaktionsmöglichkeiten müssen klar erkennbar sein. 
  • Verständlichkeit: Nutzer müssen in der Lage sein, alle Informationen und die Bedienung der Benutzeroberfläche zu verstehen. 
  • Robustheit: Die Webseiten müssen von unterschiedlichen Endgeräten, einschließlich unterstützender Technologien (wie z. B. Screen Reader), zuverlässig interpretiert werden können. 

Die wichtigsten Tipps für barrierefreie Websites – kurz und knapp 

Zu allen Prinzipien des barrierefreien Webdesigns formulieren die WCAG Zielvorgaben, beispielsweise zu Textformatierungen, Größe von Bedienelementen oder Kontrastverhältnissen. Diese werden in drei Konformitätsstufen (A, AA, AAA) eingeteilt, wobei „A“ die Minimalanforderungen bezeichnet. Relevant für das BFSG ist die Konformitätsstufe AA.

Um Ihre Website barrierefrei zu gestalten, sollten Sie vor allem folgende fünf Aspekte beachten:

Alternativen für verschiedene Sinne 

  • Definieren Sie Bilder und Grafiken als Bild und fügen Sie Bildbeschreibungen hinzu.
  • Versehen Sie Videos mit Untertiteln, stellen Sie Transkripte für Video- und Audioinhalte zur Verfügung.
  • Verwenden Sie Metadaten, damit Screenreader blinden oder sehbehinderten Website-Besuchern nicht nur Texte, sondern auch funktionale und interaktive Elemente zugänglich machen können. 

Einfache Orientierung

Sorgen Sie für eine klare, konsistente Struktur und Navigation; auch sollte die aktuelle Position (Fokus) bei Tastaturbedienung immer klar erkennbar sein.
Strukturieren Sie Ihre Inhalte mit Zwischenüberschriften; definieren Sie diese als „Überschriften“ (H1, H2 etc.).

Gute Lesbarkeit 

  • Verwenden Sie große Schriften und hinreichende Zeilenabstände sowie möglichst hohe Kontraste – oder bieten Sie variable Kontraste und Schriftgrößen an (z. B. über verschiedene CSS-Varianten).
  • Achten Sie darauf, dass Informationen oder Funktionen von Bedienelementen nicht nur über Farben, sondern auch über andere visuelle Elemente vermittelt werden. 

Leicht verständliche Inhalte

  • Verwenden Sie eine klare und verständliche Sprache.

Alternative Bedienbarkeit

  • Ihre Website sollte nicht nur mit der Maus oder per Touchscreen bedienbar sein, sondern auch über eine Tastatur.

Mehr Informationen zur barrierefreien Gestaltung von Websites finden Sie unter folgendem Link: http://www.die-barrierefreie-website.de/index.html

Was müssen Sie außerdem beachten? 

Neben der Umsetzung der technischen und gestalterischen Anforderungen müssen Websites, die dem BFSG unterliegen, zwei weitere Bedingungen erfüllen: 

  • Es muss eine „Erklärung zur Barrierefreiheit“ bereitgestellt werden; diese muss Informationen dazu enthalten, wie Barrierefreiheit auf der Website sichergestellt wird, aber auch dazu, welche Teile Ihrer Website (noch) nicht barrierefrei sind. Die „Erklärung zur Barrierefreiheit“ selbst muss natürlich barrierefrei und entsprechend zugänglich sein. 
  • Es muss eine Kontaktmöglichkeit angeboten werden, über die Websitenutzer verbliebene Barrieren melden können. 

Was sollten Websitebetreiber nun tun?

Prüfen Sie zunächst, ob Ihre Website vom BFSG betroffen ist (siehe oben: „Wen betrifft das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?“). Wenn Sie unsicher sind, ob Ihre Website unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fällt, sollten Sie eine Rechtsberatung in Anspruch nehmen oder sich bei der Bundesfachstelle für Barrierefreiheit beraten lassen.

Überprüfen Sie Ihre Website, um nötige Verbesserungen und Änderungen zu identifizieren. Online-Tools wie die BITV-Selbstbewertung oder das WAVE web accessibility evaluation tool geben Ihnen nach einer systematischen Überprüfung Ihrer Seiten detaillierte Anhaltspunkte. Auch manuelle Überprüfungen mit Checklisten wie dem Schnelltest barrierefreie Webseite der Stiftung „barrierefrei kommunizieren“ oder die Digitale Barrierefreiheit Checkliste der Aktion Mensch geben aufschlussreiche Hinweise. Mehr Informationen zur Überprüfung der Barrierefreiheit und eine Liste verschiedener Tools finden Sie bei w3.org sowie in unserem schon erwähnten Blogbeitrag zu WCAG und Accessibility-Testing.

Erstellen Sie einen Zeitplan, um die nötigen Änderungen und Anpassungen bis zum 28. Juni 2025 umzusetzen. Bei komplexeren Websites empfiehlt sich eine frühzeitige Einbeziehung professioneller Webentwickler.

Titelmotiv: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Der Autor:


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