Lohnt es sich noch, IT-Bücher zu kaufen?
Veröffentlicht am 09.07.2024 von Lisa Messerli
Bücher sind das klassischste Format zur Wissensweitergabe und seit hunderten von Jahren für viele Menschen das Medium der Wahl. In der heutigen Gesellschaft, in der die Wissenschaft jeden Tag neue Ergebnisse liefert und Technologien einen unfassbar schnellen Wandel durchleben, ist ausgedrucktes Wissen jedoch unbeliebter geworden. Es finden immer weniger neue Bücher ihren Weg in eine Buchhandlung, insbesondere zu technischen Themen.
Dieser Artikel beleuchtet, wieso sich Bücher besonders jetzt lohnen, in einer Zeit, in der alles digital stattfindet. Zusätzlich gibt es Tipps für den Buchkauf und wie die dicken Wälzer nicht im Regal verstauben. Abschließend dann noch ein paar Hinweise, wie man bei der Anschaffung etwas Geld einsparen kann.
Warum IT-Bücher sich noch lohnen
Im Vergleich zu der Vielzahl an anderen Medien, die für die persönliche Weiterbildung zur Auswahl stehen, haben Bücher einige Vorteile.
Einer der größten Pluspunkte ist die kurierte Wissenssammlung. Der Autor hat alle relevanten Teilgebiete zu seinem Thema recherchiert und gebündelt. Insbesondere wenn man Themen komplett neu angeht weiß man nicht, was genau man recherchieren soll. Wenn man Konzepte nicht kennt, kann man nicht danach googlen. Ähnlich zusammengestellte Inhalte können auch in Schulungen gefunden werden. Dort bewegt man sich doch meistens in einer anderen Preisklasse.
Im Vergleich zu einer Schulung kann das Buch auch in eigenem Tempo konsumiert und beliebig pausiert werden. Das Buch kann zudem mehrmals genutzt und bei Bedarf an Kollegen verliehen werden.
Die Inhalte von technischen Büchern gehen gezielt auf spezifische Probleme und deren Lösungen ein. Die Beispiele sind verlässlicher als in Blogposts oder anderen Online-Quellen. Auch der Detailgrad und die Erklärungen sind deutlich umfangreicher als ein Video oder ein kurzer Stackoverflow-Eintrag.
Ein weiterer großer Vorteil von Büchern ist, dass sie eine Abwechslung zur digitalen Arbeit bieten. Während es keine genauen Vorschriften im Arbeitsschutzgesetz gibt, ist eine Abwechslung in der Tätigkeit in den Ergonomi-Anforderungen vorgesehen. Die Empfehlung liegt hier bei ca. fünf Minuten pro Arbeitsstunde.
Hierfür bietet ein technisches Buch eine gute Möglichkeit, die Arbeit analog fortzusetzen. Durch den Szenenwechsel bekommen die Augen eine Pause, und durch die Haptik des Papiers gestaltet sich die Arbeit abwechslungsreicher. Wenn es die Tagesgestaltung tatsächlich erlaubt, 40 Minuten pro Arbeitstag zu nutzen, ist es möglich, in den Büchern stetigen Fortschritt zu machen. So können sie dann Stück für Stück durchgearbeitet werden. Viele IT-Berufe haben am Ende des Tages kaum oder wenig Erfolgs-Feedback. Da kann es positiv sein zu sehen, dass man in seiner Weiterbildungszeit in einer Woche z.B. ein Viertel eines Buches geschafft hat.
Wann IT-Bücher sich nicht lohnen
Bei vielen IT-Büchern handelt es sich um dicke Wälzer, deren Wissen nicht gut altert. Es gibt einige Punkte, die gegen ein Investment in Papierform sprechen. An erster Stelle muss der stolze Preis der meisten Bücher erwähnt werden. Je geringer die Zielgruppe, desto höher der Buchpreis, um den Verkauf für den Verlag und den Autor lohnend zu machen.
Besonders bei technischen Themen ist die Zielgruppe klein, da es viele Tools und Vorgehensweisen gibt, um zum selben Ziel zu kommen, z.B. kann mittlerweile in fast jeder Sprache eine Webseite gebaut werden. Je mehr Alternativen, desto mehr teilt sich dann auch die Leserschaft auf, die Interesse am Bau einer Webseite hat.
Zum Preis kommt erschwerend hinzu, dass viele Teile des Buches vielleicht gar nicht relevant sind. Bei einer Einführung in die Programmiersprache Java sind als Umsteiger bereits viele der Grundlagen objektorientierter Programmierung bekannt, und es dauert lange, sich durchzublättern, um herauszufinden, welche Besonderheiten in dieser Sprache vorliegen.
Meistens werden IT-Bücher nicht im Ganzen konsumiert, und auch dann genügt es gewöhnlich, sie nur einmal zu lesen. Danach wird das teure Investment in die Weiterbildung zum Staubfänger im Bücherregal.
Ein großes Problem ist, dass durch den technologischen Wandel viele Informationen rasend schnell veralten. Insbesondere in der Webentwicklung gibt es jeden Tag neue Frameworks, Methoden und Best Practices. Ein Buch von vor einem Jahr kann hier bereits massiv veraltete Inhalte präsentieren. Nur wenige Bücher erhalten regelmäßige Neuauflagen.
Ein Sinnbild für all diese Punkte sind die dicken Wälzer zu den damaligen Betriebssystemen, die sich auf vielen Flohmärkten und in Bücherspenden tummeln. Die meisten Informationen waren schon damals nicht relevant und mit dem jährlichen Erscheinen neuer Betriebssysteme und Versionen werden diese Bücher auch nicht mehr gebraucht.
Zudem sind Bücher für heutige Verhältnisse ein sehr trockenes Medium und bieten wenig Entertainment. Viele der Bücher enthalten nur selten Grafiken und eine Abbildung des Codes ist das Höchste der Gefühle. Keine Farbe, keine Bewegung und kein Ton. Wer in seiner Freizeit nicht gerne liest, sollte sich zunächst fragen, ob ein Buch zur Weiterbildung wirklich das beste Medium ist. Wie bereits unter den Vorteilen erwähnt, gibt es immer noch Möglichkeiten, das Leseprojekt spannender zu gestalten oder über die Umgebung Abwechslung einzubringen.
Die richtigen Bücher finden
Wie eingangs beschrieben, ist nicht jedes Thema geeignet, um in Buchform konsumiert zu werden. Oftmals reicht es für den neuesten Feature-Release, eine Programmiersprache, ein YouTube-Tutorial oder Blog-Post zu konsumieren. Insbesondere für Vorgehensweisen oder allgemeine Konzepte, die sich wenig ändern, lohnt es sich, zu einem Buch zu greifen. Beispiele hierfür sind Architektur-Themen, Domain Driven Design oder agiles Arbeiten. Auch diese Themen sind vom Wandel betroffen, aber der Grundgedanke ändert sich nicht sehr.
Besonders Themen, bei denen praktische Erfahrung den Lernprozess voranbringen, sollte vorab durchgeblättert werden, ob genügend Praxisbeispiele enthalten sind. Weiterhin lohnt sich auch ein Blick auf das Erscheinungsjahr, insbesondere wenn produktspezifische Konfigurationen als Screenshot enthalten sind. Software verändert sich und schnell führt eine neue Oberfläche dazu, dass trotz des Buches eine Suchmaschine befragt werden muss, um einen bestimmten Menüpunkt zu finden.
Bei der Auswahl des Buches sollte man auch bei der Seitenzahl ehrlich zu sich sein. Wenn dieses Buch ein wahnsinnig spannender Krimi wäre, wäre es zu dick? Große Wälzer vermitteln den Eindruck einer vollkommenen Wissenssammlung. Das mag vielleicht stimmen, aber oftmals demotivieren Bücher, die zu groß sind, sodass sie gar nicht erst aufgeschlagen werden.
Ein weiterer Punkt ist es, zu entscheiden, ob das Buch digital oder analog gelesen werden soll. Während die Haptik eines Buches hilft, kleine Erfolgserlebnisse zu haben und den Augen eine Bildschirmpause zu gönnen, kann ein digitales Buch leicht durchsucht und jederzeit zurate gezogen werden. Hier sollte jeder das wählen, womit er am besten und realistischsten die angebotenen Informationen erarbeiten kann.
Leichter lesen
In der heutigen, schnelllebigen Zeit fällt es uns immer schwerer, sich auf ein einfaches Medium wie ein Buch zu konzentrieren. Das schnelle Dopamin von Videos und Social Media macht es schwer, zufrieden zu sein mit dem langsamen Fortschritt beim Lesen eines Buches.
Im Vergleich zu einer Science-Fiction-Lektüre oder einem Krimi ist der Fortschritt in einem technischen Wälzer sehr langsam. Oft muss man Absätze erneut lesen, Beispiele studieren oder verliert die Konzentration. Es ist schwer bis gar nicht möglich, beim Lesen in einen Flow zu kommen.
Deshalb ist es wichtig, auch kleine Fortschritte zu zelebrieren. Das kann zum Beispiel ein Abhaken der täglichen Todo-Liste von „Lese 4 Seiten“ sein. Dies wirkt auf den ersten Blick marginal, aber die Seiten häufen sich schnell, und die Hemmschwelle bleibt niedrig. Es hilft auch, nach der Lese-Session bewusst zu prüfen, wie viele Seiten vom Gesamtwerk bereits geschafft sind. Das Buch in der Hand zu haben und zu sehen, dass es zu einem Viertel, halb oder fast durchgelesen ist, liefert auch einen Dopamin-Schub.
Wichtig ist es, beim Lesen realistische Ziele zu setzen. Eine umfangreiche Einführung in eine neue Technologie liest sich meistens dann doch nicht in einer Woche, mal eben nebenher. Hierbei ist es wichtig, ehrlich zu sein. Bin ich ein schneller oder langsamer Leser? Wie viel Zeit habe ich?
Damit das Leseziel nicht überfordert, sollte es klein und schrittweise gestaltet werden. Statt „Ich lese ein technisches Buch im Monat“ ist „Ich lese 40 Minuten am Tag“ oder ein spezifisches „Ich lese diese Woche das Kapitel zu Microservices” deutlich einfacher umzusetzen und zu tracken.
Ein großer Fehler ist es, alles vollständig lesen zu wollen. Dadurch werden oft Spaß und Nutzen des Leseprojekts gehemmt. Wenn ein Abschnitt bereits bekannt ist, die Tiefe des Inhaltes für die eigene Arbeit keinen Mehrwert bietet oder ein ganzer Abschnitt einfach nicht relevant ist, dann ist es vollkommen in Ordnung zu überblättern. Durch die Schule bekommt jeder verinnerlicht, dass ein Buch vollständig von Anfang bis Ende in vorgegebener Reihenfolge konsumiert werden muss. Das ist für wissenschaftliche Bücher aber meistens nicht erforderlich. Daher ist es völlig in Ordnung, mitten im Buch einzusteigen oder öfter einmal Seiten zu überblättern. Sollte man im Abschnitt merken, dass eine Information fehlt, kann diese dann immer noch nachgelesen werden oder alternativ auch kurz im Internet recherchiert werden.
Ein weiterer Motivations-Boost kann es sein, den regulären Arbeitsplatz zu verlassen und das Buch an einem spannenderen Ort zu lesen. Als Erstes ist natürliches das klassische Café anzuführen, wobei es doch auch etwas unangenehm sein kann, zwischen vielen Menschen und Geräuschen ein Buch aufzuklappen. Aber mit etwas Fantasie können hier spaßige und erholsame Elemente verknüpft werden, z.B. könnte man mit dem Buch ins Freibad gehen und sich in den Lesepausen erfrischen. Falls das Lesen im Rahmen der Weiterbildung und während der Arbeitszeit stattfinden soll, sollte dies natürlich mit dem Vorgesetzten abgesprochen werden.
Auch zu Hause kann mit extrinsischer Motivation gearbeitet werden. Belohnungen für eine erfolgreiche Lese-Session können klein oder groß ausfallen. Eine Folge der Lieblingsserie oder eine aromatische Tasse Kaffee können gute Beispiele hierfür sein.
Viel wichtiger ist es jedoch, die intrinsische Motivation aufzubauen und das Lesen vergnüglich zu gestalten. Dazu kann die Belohnung je nach Konzentrationsfähigkeit auch während des Lesens stattfinden. Ich persönlich finde etwas Musik, ein YouTube Kaminfeuer oder auch eine Folge einer mir bereits bekannten Serie als Background Noise sehr angenehm. Natürlich sollte das nicht zu sehr ablenken, aber es ist durchaus in Ordnung, mal kurz den Faden zu verlieren, wenn es insgesamt das Lesen angenehmer gestaltet.
Nehmen wir an, es ist Sommer und die Option besteht, sich mit einem Glas Wein und einem Buch in die Abendsonne zu setzen, das klingt (für viele) direkt viel motivierender, als am Arbeitsplatz oder in einer Bibliothek zu lesen. Es kann sinnvoll sein, die Umgebung so zu wählen, dass das Buch mit Freude zur Hand genommen wird.
Wenn ein hohes Interesse an dem Thema oder das Lesen an sich gern gemacht wird, sind diese Motivationstechniken natürlich nicht erforderlich.
Kosten senken
Mit durchschnittlich 30 bis 40 € sind IT-Bücher in der Buchhandlung bei teuren Exemplaren vertreten. Es ist jedoch nicht immer notwendig, den vollen Preis selbst zu tragen.
Für Leser, die ihr Buch gerne digital konsumieren, gibt es verschiedene Plattformen wie z.B. O’Reilly, die Videos und digitale Bücher gebündelt anbieten. Wer zusätzlich Gutes tun will, kann ein Auge auf die wechselnden Angebote der Humble Bundles haben. Diese beinhalten auch öfter digitale Buchpakete zu technischen Themen. Bisherige Pakete widmeten sich Microservices, Architektur, Cybersecurity und mehr.
Ein klassischer und umweltfreundlicher Weg ist das Ausleihen von Büchern. Egal ob aus der Bibliothek oder von Kollegen, oft ist es nicht unbedingt notwendig, jedes Buch selbst zu besitzen. Das ist abhängig von der persönlichen Präferenz. Wer gerne mit Markierungen arbeitet, kann z.B. Post-Its und Lesemarkierungen nutzen.
Für viele ist es Teil des Erfolgserlebnisses, sich eine kleine, eigene Bibliothek zu erstellen. Es ist trotzdem möglich, die Kosten beim Erstellen der Sammlung zu reduzieren.
Eine zusätzliche ökologische Option ist es, Bücher gebraucht zu bekommen. Hierfür bieten sich gängige Gebrauchtwaren-Plattformen wie eBay und Kleinanzeigen an, aber auch Plattformen wie Amazon haben oftmals die Option, B-Ware zu erwerben. Dabei handelt es sich meistens um Exemplare, die ungelesen sind oder nur minimale Makel haben. Mit einem aufmerksamen Einkauf kann ein Ersparnis erzielt werden, ohne hohe Einbußen im Zustand.
Unabhängig davon, ob es sich um einen Kauf von Gebrauchtware oder einen Neukauf handelt, kann der Betrag bei der Steuer abgesetzt werden. Bis zu 110 € an Werbungskosten können ohne Belege angegeben werden. Sollten die Gesamtkosten höher ausfallen, ist es wichtig, die entsprechenden Belege für den Kauf aufzubewahren. Weitere Tipps und eine Anleitung, diese Kosten richtig einzutragen, finden sich in diesem Beitrag des Steuer-Softwareherstellers Buhl.
Eine alternative Option für Menschen in Festanstellung ist es, beim Arbeitgeber anzufragen, ob dieser im Rahmen der Weiterbildungskosten den Kauf eines Buches unterstützt oder dieses für die Firmensammlung anschaffen kann. Der Arbeitgeber wird das Buch dann auch von der Steuer absetzen können und dem Mitarbeiter das Buch kostenlos zur Verfügung stellen. Viele Firmen freuen sich, wenn die Mitarbeiter etwas so Simples wie ein Buch anfordern. Andere Medien, wie Seminare oder Online Kurse, sind deutlich teurer und oft ist der Kauf kompliziert in der Durchführung.
Lohnt es sich noch, IT-Bücher zu verkaufen? - Fazit
Trotz stetigem Wandel in der IT-Branche bieten Bücher als Informationsquelle einige Vorteile gegenüber digitalen Medien. Obwohl die Möglichkeit besteht, dass die enthaltenen Informationen schnell veraltet sein können, kann mit einem gut gewählten Buch ein großer Mehrwert entstehen.
Ein physisches Buch hat ergonomische Vorteile und kann im Arbeitsalltag etwas Abwechslung bieten. Wichtig ist jedoch, dass man das in der Schule antrainierte „Von Anfang bis Ende durcharbeiten“ ablegt. Wenn etwas nicht relevant ist, darf es jederzeit ausgelassen werden. Ein Buch muss nicht vollständig gelesen werden, um Mehrwert zu bieten.
Insbesondere wenn nur Teile des Buches relevant sind, lohnt es sich, die Kosten zu senken – durch eine Steuerabsetzung, verschiedene Angebote oder ein Gebrauchtwarenkauf.
Alles in allem sind Bücher immer noch ein sehr gutes Medium zur beruflichen Weiterbildung und werden uns als Medium sicher noch viele Jahre erhalten bleiben.